Maryana Naumowa, russische Topsportlerin, antwortet aufs Video von Arnold Schwarzenegger

2 years ago
34

Herr Schwarzenegger! Ich bin sicher, dass Sie mich noch kennen. 2015 beteiligte ich mich als 15-jähriges Mädchen aus Russland am Wettbewerb „Arnold Classic“ in den USA und habe einen Weltrekord aufgestellt, indem ich eine 150 Kilogramm schwere Stange drückte. Sie gratulierten mir, befragten mich über Russland, und ich weinte vor Freude. Sie schienen mir so feinfühlig, nett und intelligent zu sein. Sie haben mir ein Autogramm auf dem Ärmel Ihrer Jacke gegeben, und sie erinnert mich jetzt an unser Treffen.

Diesen Rekord aufzustellen – die enorm schwere Stange zu drücken – war für mich damals eine Ehrensache und eine riesige Verantwortung.

Herr Schwarzenegger, ich habe Ihnen damals Briefe und Fotos von Kindern aus der vom Krieg erfassten Donbass-Region mitgebracht, die ich bis März 2015 zwei Mal besucht hatte. Ja, ich konnte nicht einfach zu Hause in Moskau bleiben, als die Ukraine dem Donbass den Krieg erklärte und als für meine Altersgenossen im Donezbecken die Schulklingel nicht eine Pause zwischen den Unterrichtsstunden bedeutete, sondern den Beginn eines Artillerie- oder Bombenangriffs. In jeder Schule, wo ich auftrat und mit den Jungs und Mädchen sprach, erzählte ich vor allem über Sie – mein Idol im Sport und im Leben. Ein einfacher Junge aus einer armen österreichischen Familie wurde ein weltbekannter Sportler, dann ein Filmstar und dann ein Politiker. Und das hat er dem Sport und seiner Zielstrebigkeit zu verdanken. Natürlich kannten alle Ihre Filme, alle haben sie gesehen. Ich erzählte den Jungs und Mädchen, dass ich im Frühjahr 2015 wieder zum Wettbewerb in den USA reisen würde, wo ich möglicherweise Sie sehen würde. Und diese Jungs und Mädchen – einfache Schüler und Schülerinnen aus den Volksrepubliken Lugansk und Donezk, schrieben Briefe an Sie und schickten mir Fotos, die ich Ihnen überreichen sollte.

Sie erzählten dem „Terminator“, wie sie im Krieg leben, sie baten um Hilfe und fragten Sie nach einfachen Räten: Wie sie unter den schweren Bedingungen Sport treiben könnten, wie sie sich entwickeln sollten, wie sie erfolgreich werden könnten. Die Kinder betrachteten Sie als einen starken Helden, der sie hoffentlich beschützen könnte.

Ich habe die Fotos gedruckt, die Briefe übersetzt und Ihnen einen Briefumschlag überreicht – und gesagt: „Arnold, ich war vor kurzem im Donbass mit einer humanitären sportlichen Mission. Dort geht ein Krieg vor, und die Schulkinder baten mich, diese Briefe Ihnen zu überreichen.“ Sie sagten damals: „Ukraine, ja, ich kenne sie. Ich werde daran arbeiten.“ Dann überreichten Sie den Umschlag Ihrem Assistenten.

Herr Schwarzenegger, ich habe Ihre Ansprache an die Russen gesehen. Sie haben offensichtlich mit den Briefen, die ich Ihnen überlassen hatte, nicht gearbeitet – obwohl Sie das versprochen hatten. Sie sind ein großartiger Motivator, Sportsmann und Schauspieler, Sie sind in Russland wirklich beliebt, aber Ihre Ansprache stützte sich auf eine andere, ausgedachte Realität. So etwas passiert oft im Kino.

Aber die Wahrheit darüber, was passiert ist, ist in den Briefen enthalten, die seit 2015 bei Ihren Assistenten bleiben. Arnold, die wahre Realität ist in der Allee der Engel in Donezk, wo jeder die Namen der Kinder sehen kann, die mit den Kugeln und Minen der ukrainischen Armee getötet wurden. Arnold, die Realität ist darin, dass Ihr „Terminator“ die Kinder im Donbass nicht gerettet, ihnen nicht geholfen hat – er hat ihre Briefe nicht einmal gelesen!

Herr Schwarzenegger, ich habe seit 2014 mehr als 20 Mal Donbass besucht, selbst die heißesten und schrecklichsten Orte, die vom Konflikt erfasst waren. Ich habe mehr als 120 Schulen besucht und mit Tausenden Kindern gesprochen, habe mehr als 100 Kinderwettbewerbe durchgeführt. Obwohl ich ein einfaches russisches Mädchen bin und kein eiserner „Terminator“, der keine Angst kennt. Sie erzählten in Ihrer Ansprache über Ihren Vater, der die Russen nicht mochte und in den Nazi-Reihen mit Waffen in der Hand auf meinen russischen, sowjetischen Boden gekommen war. Sie sagten, in der Ukraine würde es keinen Nazismus geben, der dortige Präsident ist ein Jude, und dass russische Bomben jetzt die Ukraine angeblich vernichten.

Arnold, manchmal ist es sehr schwer, sich mit einer Situation auseinanderzusetzen, die viele Tausende Kilometer weit entstanden ist. Aber Sie haben doch seit 2015 die erwähnten Briefe und Fotos! Sie hätten einfach selbst dorthin reisen und alles mit Ihren eigenen Augen sehen können! Sie sind doch ein mutiger Mann und haben beispielsweise US-Soldaten im Irak während der Operation „Desert Storm“ besucht und mit ihnen trainiert! Arnold, ich frage nicht, was eure Militärs damals im Irak machten und warum Ihr Amerikaner dieses Land ruiniert habt. Eure Regierung weiß das wohl besser...

Loading comments...